Sonntag, 31. Mai 2009

Kann man? Muss man? Darf man?

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Eltern- und Baby-Foren sind voll von Fragen, sei es nun was man selbst essen darf, oder was man dem Baby anbieten darf, wann man was dem Baby anbieten darf, wann es wieviel Löffel wovon essen muss und wieviel von welchem Öl in welchen Brei gemischt werden darf und obendrein welche Gläschensorte wieviel Schadstoffe enthält.

Von den ganzen strengen Regeln und Verboten bekommen ich und Millicent's Dad eigentlich nur Kopfschmerzen. Es klang alles so furchtbar kompliziert, und die sorgenvollen Postings, das Jan-Nicholas nur den GOB, aber nicht den Pastinaken-Brei mag und wieviel Löffel Rapsöl in Leonie-Sophie's Möhren-Kartoffel-Brei gehören, haben uns die Lust auf die Beikost-Einführung gründlich verdorben, bis wir auf verschiedene BLW-Foren und schließlich auf Gill Rapley's Buch gestoßen sind.

Das schöne an der ganzen BLW-Sache ist: eigentlich brauch man kein Buch, sondern kann sich, wenn man den grundsätzlichen Sicherheits-Hinweisen folgt, einfach auf's eigene Gefühl hören verlassen und muss halt keine Extrawurst braten (bzw im extra angeschafften Baby-Futter-Zubereitungs-Gerät dünsten). Millicent bekommt genau dasselbe wie wir auch und da wir schon immer Salz- und Zucker-arm gekocht haben mussten wir die eigene Ernährung nicht sonderlich umstellen.

Eine der größten Sorgen einer jeder Anfängermutter scheint die Nahrungsmenge zu sein, die das Kind aufnimmt. Es ist nicht verwunderlich, da das große Angebot an Glässchen ab dem 5. Monat und die verschiedensten Sorten an Folgemilch suggerieren, dass das Kind dringend zusätzliche Nährstoffe benötigt. Dem ist aber nicht so, im ersten Lebensjahr reicht die Muttermilch, bzw. Pre-Flaschennahrung völlig aus um den Nährstoffbedarf zu decken. Es stimmt schon, dass sich die Eisenspeicher ab dem 7. Monat langsam anfangen zu leeren, aber das bedeutet ja nicht dass Schlag Mitternacht am 183. Tag nach der Geburt komplett leer sind. Das ganze geschieht fließend und deshalb besteht keine große Not feste Nahrung schlagartig zu etablieren.

Die Cochrane Collaboration, eine Organisation die sich zum Ziel gesetzt hat medizinische Studien aus aller Welt zu bewerten, vergleichen und in Metastudien zusammenzufassen, hat festgestellt:

"We found no objective evidence of a 'weanling's dilemma' [...] no deficits have been demonstrated in growth among infants from either developing or developed countries who are exclusively breastfed for six months or longer. [...]Although infants should still be managed individually so that insufficient growth or other adverse outcomes are not ignored and appropriate interventions are provided, the available evidence demonstrates no apparent risks in recommending, as a general policy, exclusive breastfeeding for the first six months of life in both developing and developed-country settings."

Grob übersetzt heisst das:

Es gibt keine objektiven Anhaltspunkte für ein 'Beikost-Dilemma'. Es wurden keinerlei Wachstums-Defizite bei Kindern festgestellt, die 6 Monate oder länger ausschließlich gestillt wurden (egal ob in Entwicklungs- als auch Industrie-Ländern)
Obwohl alle Kinder individuell beobachtet werden sollten, so dass nicht-ausreichendes Wachstum und andere nachteilige Entwicklungen nicht übersehen werden, sondern passende Gegenmaßnahmen angeboten werden, gibt es gegenwärtig keine Anhaltspunkte die gegen ein ausschließliches Stillen in den ersten 6 Monaten (sowohl in Entwicklungs- als auch Industrie-Ländern) sprechen.

Den gesamten Review könnt ihr hier finden.


Flaschennahrung
ist meist sogar Eisen hinzugesetzt, da ist die Gefahr von Mangel-Erscheinungen gering, aber auch bei reinen Stillkindern muss man sich keine Sorgen machen. Und auch wenn das Kind noch lange nichts wirklich kleinkaut oder runterschluckt, saugt es doch an den angebotenen Lebensmitteln, sei es nun Obst, oder Gemüse, oder auch Fleisch und wird dadurch auch schon einiges aufnehmen.

Ich möchte übrigens auch nicht behaupten, dass Brei-Füttern unbedingt schlecht ist. Wer das gerne möchte, der soll das auch tun. Die Breikost-Einführung ist eine bewährte Methode, aber nicht die Einzige. BLW wird mindestens genauso lange schon betrieben (auch wenn viele BLWer wahrscheinlich noch nicht mal wissen dass es dafür auch einen Namen gibt) und ist genauso ok.

Also, man kann und darf, aber man muss nicht.

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